Sei wie unter Freunden in Handschuhsheim

Wir sitzen auf der Terrasse des Nomad, dem Café im Niebel-Haus und unterhalten uns über den Stadtteil und dessen Entwicklung. Übrigens ist das Nomad superlecker und auch schon vormittags bestens gefüllt mit Menschen aller Couleur. Bei dem Familienunternehmen Niebel erhalten Sie auf 2.800 qm in einem Haus auf drei Etagen so ziemlich alles, was Mode (Frauen, Männer) und Sport (auch für Kids, mit einem Skiverleih und einer Ski-Werkstatt) bedeutet, mit erfrischenden, freundlichen Fachberater:innen an Ihrer Seite. Kund:innen finden viele Marken im mittleren Segment. Niebels verkaufen nur Artikel, von denen Sie auch überzeugt sind. Sie wissen genau, was Sie tun. Ich warne Sie, Sie werden ohne Probleme fündig. Ich fühle mich wohl in der persönlichen Stimmung im modernen Haus. Familie Niebel feiert in diesem Jahr übrigens ihr 100-jähriges Bestehen. Sie haben allen Grund stolz zu sein! Niebels sind eine sehr engagierte, ruhelose und aktive Familie, nicht nur, was das Modehaus anbelangt, sondern auch Soziales in Hendesse und viele andere Stadtteilthemen. Chapeau! Und wer von Außerhalb süchtig werden sollte, die Niebels haben noch zehn weitere Modehaus-Filialen in der Region.

Am Seiteneingang des denkmalgeschützten Hauses von Niebel, an der Dossenheimer Landstraße, für jedermann/frau zugänglich, umrahmen zwei sehr schöne und steinerne Füllfederhalter im Art Déco-/ Jugend-Stil die Tür und das Firmenschild der Firma H.Hebborn u. Co. prangt mächtig über dem Tor. Firma Hebborn hatte die Produktionsstätte von der Firma Kaweco (immer noch erhältlich im Schreibwarenhandel) in den 1930er übernommen, in dem seit 1925 Füllfederhalter hergestellt wurden. Wer es noch nicht weiß, Handschuhsheim ist eine Wiege von Füllfederhalter und Füllfedern. Im Alten Rathaus können Sie jeden 2. und 4. Sonntag des Monats von 15.00 – 17.00 Uhr schöne Einblicke in diese Hoch-Zeit im liebevoll ausgestatteten Füllfederhaltermuseum erhalten.

Überhaupt, wenn Sie aus der vielfältigen Geschichte Handschuhsheim „schöpfen“ wollen und davon gibt es viel, finden Sie dies unter www.handschuhsheim-erkunden.de – sorgfältig vom Stadtteilverein recherchiert und zusammengestellt.

Wir gehen Richtung Süden an vielen Läden der Dossenheimer Landstraße entlang, auf der sich auch die Straßenbahn entlang schiebt. Die Verkehrsanbindung in alle Richtungen ist übrigens sehr gut. Nach ca. 5 Geh-Minuten biegen wir links in die Kriegsstraße ab.

Der Geruch zieht mich in Hausnummer 10 zu Kücherers Käse Ecke auf der rechten Seite. Ich werde sehr freundlich empfangen von den Inhabern Sabine und Rainer Clormann, die den Lebensmittelladen im Tante Emma-Style führen mit einem großen Käsesortiment, Milchprodukten, Obst, Gemüse, Wurst, Feinkost, Wein, Spirituosen, insbesondere den Obstbränden von der Husaren-Destillerie. Mich lachen selbstgemachte Marmeladen und Chutneys und vieles mehr an. Das Ladengeschäft gibt es in der dritten Generation seit 1947 (damals nur ein kleiner Milchladen) und die nächste Generation steht schon in der Spur und arbeitet mit. Der Laden hat ungeheuer viel Charme aus alten Epochen, die mich an meine Kindheit erinnert und die Käsetheke kann sich sehen lassen: Sieben Meter! Käse ist ihr Schwerpunkt. Diese Theke präsentiert eine reiche Auswahl an Käse aus Frankreich, der Schweiz, Italien, Norwegen, Holland, Finnland und regionalem Käse. Hier habe ich Fachleute vor mir. Allein jetzt zur Raclette-Zeit beraten vorzüglich und bieten z.B. mehr als zehn verschiedene Raclette Käsesorten an. Aber Vorsicht, liebe Leser:innen! Sie wollen nicht mehr gehen! Übrigens finden Sie die Familie samstags auch auf dem Wochenmarkt in Hendesse an der schönen Tiefburg. Natürlich nehmen sie auch telefonische Bestellungen an.

Einen Steinwurf entfernt biege ich in der Kriegsstraße 25 zu Eike Frank Mattukat in das Einrichtungsgeschäft Bett + Couch ein. Er empfängt mich locker und fröhlich und zwischendurch brummt es mit Kundenbesuchen. Bett + Couch gibt es seit 1988 (ab 2012 in Handschuhsheim) und ist viel mehr als ein Laden mit modernen Sofas, Sesseln, Betten, Essplätzen und andere Möbeln. Wie sagt Eike? Hier finde Sie alles zum Sitzen, Liegen, Chillen und er berät sehr persönlich mit seinen Modellen in Größe, Farbe, Stoffen und anderen Formen. Wie es euch gefällt! Eike Mattukat ist Fachmann und hat ein großes Herz für Menschen und Kultur: Kunstausstellungen, Lesungen und Konzerte finden unter dem Label „Bett und Couch Kultur“ statt. Er hat auch ein Herz für seine Nachbarn, denn er führt hier auch eine Paketannahmestelle für DPD und DHL. Das ist ja mal ein Wort! Während ich ihn interviewe kommen die Nachbarn wie im Bienennest – ein Kommen und Gehen und man merkt, Eike mag die Handschuhsheimer:innen und andersherum. Bett und Couch ist ein offenes Haus – für Heidelberger und aus der ganzen Republik.

Gegenüber erhebt sich eine wirklich wundervolle Kirche: Die protestantische Friedenskirche. Erbaut wurde sie in den Jahren 1909/10 und weist beeindruckende Architetkur und Details aus dieser Zeit auf, z.B. die großen Glaskunstfenster aus den Heidelberger Glaskunstwerkstätten Beiler, Meysen und Beck. Nach einigen Sanierungen im Laufe der Zeit wurde 2020 der Altarbereich vom Heidelberger Architektenbüro AAG umgestaltet. Alte und neue Architekturen verschmelzen sehr harmonisch zusammen. Bleiben Sie ein Weilchen und spüren Sie die schöne Friedenskirche, die, by the way, ein sehr lebendiges Gemeindeleben führt und ein sehr offenes Haus ist.

Wir fahren weiter durch die Kriegsstraße bis die Mühltalstraße den Weg kreuzt. Es herrscht Dorfidylle – zum Verlieben. Nach links könnte man zum Wandern zum Heiligenberg und zur bekannten Thingstätte aufsteigen. Wir fahren aber rechts herum. Der Blick fällt auch auf das Historische Gasthaus „Alt Hendesse“. Einer der ältesten Gastro-Betriebe und eines der Kulturdenkmäler von Handschuhsheim. Der Blick in den Biergarten im Hinterhof lädt mich ein. Die Gastronomie in Handschuhsheim ist eine eigene Tour wert. Lauter Originale!

Nach ca. 50 Metern ist eine andere Rarität auf der rechten Seite, bei Hausnummer 7: C. Krugmann Nachfolger – ein Eisen- und Haushaltswarengeschäft. Es wurde mir von den Handschuhsheimer:innen mindestens hundert Mal ans Herz gelegt. Da MUSST du hin – ein echtes Original sei der Inhaber Gerhard Zeis und sein Sortiment. Auf ca. 20 qm führt er eine immense Auswahl für Werkstatt, Haushalt und Garten. Er betont er biete „fast alles“ an. Während ich da bin, statten ihm mindestens zehn Kund:innen mit ihren Sonderwünschen einen Besuch ab. Ich werde Zeuge, von seinem besonderen Service abseits seines Sortiments: Kleine Reparaturen, Wünsche, Fragen, Bestellungen, Tipps für seine Kund:innen und vieles mehr, reiht sich auf. Natürlich hat er jahrelange Erfahrung und besitzt echtes Fachwissen. Erneut raschelt es an der Tür und ein junger Mann tritt ein: „Ich will M6 Schrauben.“ sagt er. Tja, damit sei es nicht  getan. Welche Kopfform? Welche Länge? Welchen Schlitz und wie viele? Er bekommt genau, was er braucht – vier Stück. Bitte, gehen Sie rein. Mit relativer Sicherheit hat er, was Sie brauchen oder finden.

Für dem nächsten Genussladen muss ich nur die Straße queren zu SVEN mit seinen ausgewählten Weinen. Ein gut gelaunter Mann mit Kreissäge auf dem Kopf erklärt mir, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und seit 2003 den Weinladen führt. 2007 zog er hier in die Mühltalstraße 2. Der Laden hat ein ganz besonderes Flair. Die gestreifte Schaufenster-Jalousie und die sanft getönte Blumentapete, der Kronleuchter, das beeindruckende und gefüllte Weinregal geben einen Hauch von Frankreich. Seine Weine kommen natürlich neben Spanien, Deutschland, Italien, Portugal, vor allem aus Frankreich. Was sonst? Er führt sogar Olivenöl. Sven Trautmann lädt mich ein zu den monatlichen Weinproben jeden letzten Freitag des Monats – dazu gibt es saisonal auch Kulinarisches zum Essen. Sven ist gut vernetzt, so kann er mit dem Support von Kollegen auch mal Weine besorgen, die er in seinem Sortiment von mehr als 250 Weinen nicht anbieten kann und man gibt sich wertvolle Tipps und Empfehlungen. Als ich ihn frage, was ihn denn ausmache, meint er, seine Weine haben ein sehr gutes Preis-Genussverhältnis und hier sei es entspannt, locker und sehr persönlich. Das hatte ich selbst auch schon registriert, bei den diversen Kund:innen, die ein und aus gingen, während ich mit Stift und Block hier stand. Und per se empfiehlt er mir einen schönen Wein. Keine Frage – ich komme wieder, Sven.

Liebe Begleiter, hier endet der erste Teil meiner Hendesse-Tour. Mittendrinnen bei einem Glas Wein! Auch nicht verkehrt. Es gibt einfach zu viel zum Entdecken in diesem Stadtteil, um es in eine Tour zu stecken und aus diesem Grunde habe ich  mit der Stadt Heidelberg eine zweite Tour in Handschuhsheim kreiert. Dazu lade ich Sie herzlich ein – nach dem Sie alle meine schönen Orte für sich selbst entdeckt haben. Viel Spaß und wohl bekomms!